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125 Jahre. von Menschen geformt

Der vielleicht schönste Hinweis auf die lange Gießereitradition in Kaiserslautern ist sicherlich eine Gießpfanne am 1987 von Gernot Rumpf geschaffenen „Kaiserbrunnen“ am Ostende der Steinstrasse.

Das "Gusswerk" gehört zu den wenigen größeren Firmen in der Pfalz, die auf eine mehr als 100jährige Tradition zurückblicken kann. Vor nunmehr 125 Jahren gegründet ist die Gießerei das drittälteste noch bestehende Großunternehmen am Industriestandort Kaiserslautern.

Die Neugründung der „Guss- und Armaturwerk A.G.“ in der 2. Phase der Industrialisierung im Jahre 1898 war der eigentliche „Startschuss“ des heutigen Unternehmens. Die lange Zeit ihres Bestehens kann man dementsprechend grob in drei Phasen unterteilen: Vorgeschichte und die Gründung einer Aktiengesellschaft, nachfolgend die Weiterführung als Familienunternehmen bis zur Insolvenz 1996, sowie die Übernahme und Fortführung der Geschäfte durch die Rendsburger ACO-Gruppe seit 1997.

1898

Die Gründung der Aktiengesellschaft „Guss- und Armaturwerk AG, Kaiserslautern 1898. Als Hauptakteur bei der Gründung der neuen Aktien-Gesellschaft gilt der damals 26 jährige Karl Billand (*1872 Ludwigshafen, †1951 Kaiserslautern), der noch 1898 als kaufmännischer Leiter in die „Neue Eisen- und Metallhütte“ eingetreten und nun in der neuinstallierten Aktiengesellschaft als „kaufmännisches Vorstands-Mitglied“ tätig war. Ca. 70 Mitarbeiter produzierten in der Eisen- und Metallgiesserei vorwiegend Wasser- und Gas-Armaturen, Hydranten, Absperrschieber und gusseiserne Abflussrohre.

(Bild: Belegschaft 1897 | Werksarchiv)

1906

Die gute Geschäftsentwicklung bis zum Jahr 1903 ermöglichte dem Guss- und Armaturwerk Kaiserslautern den Ankauf weiterer Flächen in unmittelbarer Nähe des Werks. Bereits 1904 wurden die Pläne zur Vergrößerung des Unternehmens in Angriff genommen.Mit der Erweiterung der Gießerei durch einen Neubau, erstreckte sich das Werksgelände von der Pirmasenserstraße im Süden bis zur Hoheneckerstraße im Norden.

(BIld: Briefkopf 1903 | Werksarchiv)


1908

Zum zehnjährigen Bestehen der Aktiengesellschaft konnte der Vorstand am 2. Mai 1909 rückblickend auf das Jubiläumsjahr 1908 mit Stolz vermelden, man habe im Laufe der letzten Jahre den Betrieb „völlig umgestaltet“, Werkstätten und sonstige Einrichtungen „gänzlich modernisiert“, die Zahl der Angestellten und Arbeiter sei von „135 auf ca. 500“ gestiegen und der Immobilienbesitz habe sich „von 125 ar auf 315 ar erhöht“. Überdies war der langersehnte Bahnanschluss nun in greifbarer Nähe, denn für Grundstückserwerb sowie die Anschaffung und Verlegung der Anschlussgeleise an die Ludwigsbahn hatte man zwischen 1906 und 1910 erhebliche Summen investiert.

(Bild: Belegschaft 1897 | Werksarchiv)

1912

In den Folgejahren expandierte das Werk weiter. Die Gießerei, die 1910 jährlich 3.250 Tonnen Schmelzkoks und 13.000 Tonnen Roheisen von der Saar, Lothringen, Luxemburg und dem Ruhrgebiet bezog und verarbeitete, wurde mit einem größeren Anbau erweitert und eine Modellwerkstätte mit zugehörigem Lager in Betrieb genommen. Dem folgte 1911 ein neuer Lagerplatz sowie ein großes Kessel- und Maschinenhaus. Eine weitere größere Baumaßnahme war 1912 die Einrichtung einer Sandstrahl-Putzerei.

766 Arbeiter, denen „4 Kupol- und 3 Schmelzöfen“ zur Verfügung standen, fertigten vor Kriegsbeginnvorwiegend Gas-, Wasser- und Dampfschieber, Hydranten, Ventilbrunnen und Rohrschieber, sowie in der Abteilung Rohrgießerei schottische und deutsche Abflussrohre sowie Wasserleitungsformstücke.

(BIld: Werksansicht ca. 1912/13 | Werksarchiv)


1915

Der Ausbruch des 1. Weltkriegs traf das Werk anfangs außerordentlich hart. Der Bahnverkehr in der Pfalz wurde für einige Wochen eingestellt, so dass mangels aller Vorprodukte der Geschäftsbetrieb fast vollständig zum Erliegen kam. Nicht nur die Märkte in West- und Osteuropa, sondern auch in Übersee konnten kriegsbedingt nicht oder nur noch sehr eingeschränkt bedient werden.

Überdies wurde mehr als die Hälfte der Arbeiter zum Heeresdienst eingezogen und die Verwaltungsangestellten nahezu vollständig. Dementsprechend litt die laufende Produktion. Dies änderten die im weiteren Jahresverlauf verstärkt eingehenden Rüstungsaufträge.

Zur Erfüllung dieses staatlichen Auftragsbooms hatte die Werksleitung, ungeachtet der bis 1916 weiter zu verzeichnenden guten Nachfrage nach „Friedensfabrikaten“, die Produktion des Werks umgehend grundlegend umgestellt. Nun wurden weniger Pumpen oder Rohre, sondern zunehmend und in großem Stil in Tag und Nachtschichten alle Arten von Munition, vor allem großkalibrige Geschosshülsen für Granaten hergestellt.

(Bild: Produktion von Geschosshülsen durch jugendliche Arbeiter im Jahre 1915 | Historisches Museum der Pfalz, Fotosammlung.)

1923

Der verlorene 1. Weltkrieg veränderte das politische und wirtschaftliche Leben im gesamten Reichsgebiet nachhaltig.

Schon die abrupte Umstellung von der Kriegs- zur Friedensproduktion hatte sich als ungemein problematisch erwiesen. Der Wegfall der Rüstungsaufträge vertrug sich nicht mit dem bisherigen hohen Personalbestand. Massenentlassung war die Folge. Statt der Ende 1918 im Werk beschäftigten 2075 Arbeiter fanden 1919 nur noch 762 Menschen Lohn und Brot.

Eine geregelte Geschäftstätigkeit erwies sich 1923 zunehmend als unmöglich. Ab Ende April konnte der Geschäftsbetrieb nur noch mit Einschränkung durchgeführt werden, und von August 1923 bis Mitte Januar 1924 blieb das Werk geschlossen. Die galoppierende Inflation traf gleichermaßen die Menschen und die Wirtschaft. Die Inflationsquoten erreichten schwindelerregende Höhe. Bargeld und Erspartes verloren quasi über Nacht jeden Wert.

Ähnlich der Stadtverwaltung Kaiserslautern emittierte am 15. August 1923 auch das Guss und Armaturwerk Notgeld. Die Firmengutscheine besaßen im Regelfall einen Nennwert von 200 000 Mark.

(BIld: Notgeld des Guss- und Armaturwerks, 15.8.1923 | Werksarchiv)


1937

Von den politischen Veränderung in der zweiten Hälfte der Dreißiger Jahre profitierte das Werk stark. Durch die Rückgliederung des „Saargebietes“ in den Reichsverband im Jahre 1935 konnte Kohle und Eisen nun wieder auf kurzen Wegen bezogen werden, den Absatz von Werksprodukten in der Nachbarregion hemmten nunmehr keine monetären oder zolltechnischen Hindernisse.

Zahlreiche Militäranlagen, insbesondere Kasernen entstanden in pfälzischen Städten, so in Kaiserslautern, Landstuhl oder Pirmasens. Dazu gesellte sich als gigantisches Bauvorhaben entlang der deutschen Westgrenze, mithin auch in der Südpfalz und an der Saar, der Bau des Westwalls mit seinen zahlreichen Bunkern. In nicht wenigen dieser Bauten waren Produkte – Baustahl, Kanalrohre, Schieber, Pumpen aller Art – des Guss- und Armaturwerks zu finden. Dementsprechend wuchs 1937 die Beschäftigungszahl wieder auf fast 100 Angestellte und 900 Arbeiter.

Zu den erfolgreichen Firmenprodukten gehörten neben den seit langer Zeit vertriebenen Handpumpen der 1931 patentierte „Pfalz Rotor“

(Bild: Pfalz-Rotor D.R.P. Zentrifugalpumpe – Faltblatt: Technische Daten 1937 | Werksarchiv)

1942

Während des Zweiten Weltkriegs war das Guss- und Armaturwerk – wie im Ersten Weltkrieg – gezwungen die Fertigung von zivilen Gütern zunehmend einzuschränken und sich auf die Herstellung von Kriegsgütern, wie Granaten vom Kaliber 10,5 cm und 7,5 cm sowie Räder/Rolle und Kettenteile für Panzerkampfwagen zu konzentrieren. Die lukrativen Staatsaufträge zogen eine Ausweitung der Produktion nach sich.

Bei Kriegsbeginn fanden 1100 Arbeiter im Guss- und Armaturwerk Arbeit. Diese Beschäftigtenzahl konnte nicht gehalten werden, denn mit dem Fortschreiten des Kriegs fehlten zunehmend die jüngeren Jahrgänge, die im Kriegsdienst benötigt und nicht ersetzt werden konnten.

(BIld: Produktion von großkalibrigen Geschosshülsen 1942 | Werksarchiv)


1944

Die Stadt Kaiserslautern blieb von alliierten Luftangriffen bis Ende 1943 weitgehend verschont. Das änderte sich jedoch seit Jahresbeginn 1944 gravierend. Schon am. 7. Januar 1944 kam es zu einem Großangriff britischer Bomber. Während das Stadtgebiet bei diesem und den beiden nachfolgenden Großangriffen schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, blieb das Guss- und Armaturwerk weitgehend unbehelligt .

Doch am im Oktober 1944 wurden die Werksanlagen durch Bomber der 8. US-Air Force derart schwer beschädigt, dass erst nach umfangreichen Aufräumungs- und Instandsetzungsarbeiten Mitte Dezember die Produktion wieder aufgenommen werden konnte.

Am 25.12. 44 verursachten erneut Flieger der 8. US-Luftflotte sehr schwere Zerstörungen durch den Abwurf von Spreng- und Brandbomben. Dabei wurden über 70% der Werksgebäude zerstört und der Betrieb kam endgültig zum Erliegen.

(Bild: Zerstörte Werksanlagen im Frühjahr 1945 | Werksarchiv)

1948

Noch vor der offiziellen Aufhebung der Zwangsverwaltung erteilten die Besatzungsbehörden im Sommer 1948 die Genehmigung zur Wiederaufnahme der Produktion. Das Werk wies zu diesem Zeitpunkt weniger als 100 Arbeiter und Angestellte auf, die seit Kriegsende vorwiegend mit Abriss-, Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten beschäftigt waren. Dadurch stand bereits Mitte 1949 eine wiederaufgebaute Werkhalle zur Aufnahme von Maschinen bereit.

Das wirtschaftliche Umfeld beste Aussichten, die Nachfrage nach Gießereiprodukten stieg kontinuierlich und das Werk produzierte bereits 1950/51 monatlich 600 Tonnen Stahl. Dies ermöglichte letztlich die Schaffung von vielen neuen Arbeitsplätzen, so dass die Gesamtzahl der Arbeitnehmer bis auf 900 anstieg. Den Mitarbeitern konnte die Werksführung trotz einer vorübergehenden Kohlenkrise auf Monate hinaus Vollbeschäftigung garantieren.

(BIld: Werksansicht nach den Aufräumungsarbeiten 1945/46 | Werksarchiv)


1955

Zwischen 1952 und 1962 baute und vertrieb das Guss- und Armaturwerk neben den weiterhin erfolgreichen Pumpen und Rohren auch einen Einachsschlepper. Als Antriebsaggregate standen der luftgekühlte Zweitaktmotor Stamo 360L sowie der Sachs-Diesel 500, beide von Fichtel&Sachs zur Auswahl. Doch wurde nicht nur der eigentliche Geräteträger vom Typ 107 und 107D hergestellt, sondern man fertigte zusätzlich auch ein breitgefächertes Sortiment von Zubehör wie Pflüge und Mähmaschinen.

Der unter dem Slogan „Der neue Helfer des modernen Landwirts“ europaweit erfolgreich vertriebenen Monax, verlor Ende der fünfziger Jahre mit dem Siegeszug der zunehmend leistungsstärkeren Zugmaschinen (Traktoren oder Trecker) an Bedeutung.

Folgerichtig stellte das AWK 1962 die Produktion des Einachsschleppers, den man auch in der DDR vertrieben hatte, endgültig ein.

(Bild: Monax Werbebroschüre 1955 | Werksarchiv)

1960

Die Nachfrage nach den Produkten des Guss- und Armaturwerks blieb ungebrochen, so dass sich die Werksleitung zu Betriebserweiterungen veranlasst sah. In den Jahren zwischen 1955 und 1966 investierte man im Zweijahresrhythmus die recht hohe Gesamtsumme von 27 Millionen DM in die Modernisierung und den weiteren Ausbau des Werks. 1956 nahm man eine neue „Schleudergießerei“ zur Herstellung von Rohren und zwei Jahre später eine Bandanlage (mit Handaufbereitung) zur Herstellung von Formstücken in Betrieb. 1962 folgten eine Wendeanlage und eine Rollenbahn sowie 1963/64 die Erneuerung der Stapelguss- und der Putzanlage.

Die Modernisierung bzw. der Neubau von Kernmacherei und Kesselhaus 1965/66 überstrahlte damals nur die Einrichtung einer hochmodernen Entstaubungsanlage. Die Installierung der Filteranlage hatte eine längere Vorgeschichte, war letztlich Ausfluss der Tatsache, dass seit Mitte der fünfziger Jahre zunehmend Wohnraum (Karl-Pfaff-Siedlung und Bännjerrück) nördlich und nordwestlich des Werks entstand.

(BIld: Werksansicht von Süden, um 1960, im Hintergrund die 1954 fertiggestellte G.M. Pfaff-Siedlung | Werksarchiv)


1996

Anfang der 90er Jahre sank die die Nachfrage nach den Produkten des Guss- und Armaturwerks. Insbesondere der Einbruch beim Kanalguss, der sich bisher bei Konjunkturschwankungen immer als stabiler Anker erwiesen hatte, machte dem Werk zu schaffen.

Die Werksleitung reagierte mit einer außergewöhnlichen Innovation – einer neuen, vollautomatischen Fertigungsstraße – um sich weiterhin im europäischen Wettbewerb behaupten zu können. In der Tat beschleunigte die Formstraße die Arbeitsabläufe ungemein und erlaubte mit weniger Personal eine sehr hohe Produktivität.

Trotz der Einführung der vollautomatischen Anlage litt das Werk im Folgejahr weiterhin unter den widrigen Marktverhältnissen. Seit Ende 1993 war das Guss- und Armaturwerk zunehmend in eine bedrohliche wirtschaftliche Schieflage geraten. Letztlich blieben die Modernisierung der technischen Anlagen, die Bereinigung des Sortiments und der seit 1993 unübersehbare Stellenabbau ebenso erfolglos, wie zwei Landesbürgschaften und Forderungsverzichte der beiden Hauptgläubiger.
Am 29.10.1996 eröffnete das Gericht über das Vermögen der Guss- und Armaturwerk (AWK) GmbH & Co. das Konkursverfahren.

(Bild: Auszug aus dem Kündigungsschreiben1996 | Privatbesitz)

1997

Im März 1997 titelte die lokale Presse, der „weiße Ritter scheint gefunden“ und vermeldete, dass das Rendsburger Unternehmen „ACO Severin Ahlmann GmbH“ entschlossen sei, das „Guss- und Armaturwerk“ rückwirkend zum 18.2.1997 zu erwerben.

Der neue „Macher“ und seine Mitarbeiter standen vor einer schweren Aufgabe. Das langwierige Insolvenzverfahren hatte Spuren im Kaiserslauterer Werk hinterlassen. Hochqualifizierte Mitarbeiter hatten das Unternehmen verlassen, „alte“ Kunden waren zu reaktivieren, neue mussten gewonnen werden. Auch hatte man die bestehenden Anlagen zu optimieren und neue Geschäftsfelder waren zu erschließen.

Bereits 1998 startete man mit der „Stranggussproduktion“, die sich zu einem wesentlichen neuen „Standbein“ des Werks entwickeln sollte. Zu Umsetzung dieses Vorhabens waren umfangreiche Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen notwendig.

Vor allem für den Einbau und die Inbetriebnahme einer elektrischen Induktionsofen-Anlage waren erhebliche Vorleistungen zu erbringen. Hinter einer historischen Sandsteinfassade entstand sukzessive eine neue Halle zur Aufnahme des Schmelzofens . Gleichzeitig erfolgten die Grundsanierung der Werkstraße, der Ausbau und die Erweiterung der bisher unbefestigten Lagerflächen sowie der Einbau eines neuen Entwässerungssystems.

Hinter den historischen Sandsteinmauern entstand so eine der modernsten Gießereien Europas

(BIld: Fassade der Werkshalle 2015 | Werksarchiv)